Eine Kirche reist von Berlin nach Vechta
Es ist gewiss nicht alltäglich. dass eine ganze Kirche auf die Reise geht und an anderer Stelle wieder aufgebaut wird. Doch die Füchteler Kirche kann von sich diese Geschichte erzählen: 1938 wurde sie, in 38 Waggons verladen, aus der Karlstraße in Berlin nach Südoldenburg transportiert, denn hier, am damaligen St. Josef-Konvikt, gab es auch vierundzwanzig Jahre nach Gründung der Niederlassung noch keine eigene Klosterkirche. Und es sollte noch einmal acht Jahre dauern, bis die Kirche ‚Maria de victoria‘ 1946 in neuer Form entstehen konnte.
Der Bau der U-Bahn und die damit sich verändernden Untergrundverhältnisse waren schuld daran, dass die Dominikaner-Kirche ‚Maria de victoria‘ in Berlin abgebrochen werden musste. Man fasste den Entschluss, sie in Vechta wieder aufzubauen, doch blieb die Genehmigung zum Bauen aus. Die Auflösung des Konviktes 1940 und der Weggang der Dominikaner taten ihr übriges, so dass die mächtigen Steine bis 1946 auf dem Sportplatz ein nutzloses Dasein fristen sollten, ehe mit dem Neubau begonnen werden konnte. Der Neugotische Hochaltar, viele Heiligenfiguren und manche Kirchenbänke wurden derweil in das Dominikanerkloster Meckinghoven gebracht, wo sie bis heute die Kirche schmücken.
Anfang 1946 begann der Neubau in Vechta nach Plänen des Baurats Römer. Als erster Kirchenneubau nach dem Zusammenbruch des Dritten Reiches fand er sogar Erwähnung im Londoner Rundfunk. In der Christnacht des Jahres 1946 konnte der erste Gottesdienst in der neuen Kirche abgehalten werden.
In ihrem Innern wurde die einfache Hallenkirche betont schlicht und doch würdig gehalten. Ein Triumphbogen trennt Chor und Kirchenraum. Ein wuchtiges Kreuz – die Arbeit eines Oberammergauer Künstlers – beherrscht die Stirnwand der Kirche. Altar, Kanzel, Kommunionbank und Marienaltar ans Travertin passten sich damals in ihrer einfachen, schlichten Form harmonisch dem Gesamtbild an. Ein Zierstück der Kirche war die Holzmadonna des Bildhauers Paul Dierkes, der aus Cloppenburg stammt.
Insgesamt sind in dem Neubau etwa 60 Prozent des alten Materials der alten Berliner Kirche verarbeitet. Auch der alte Grundstein wurde wieder eingemauert. Selbst die Verglasung wurde teilweise wieder verwendet, insbesondere das Blei. In der materialknappen Nachkriegszeit mussten Betonbrocken vom Flugplatz als Bruchsteine für die Außenmauern herhalten. Die Steine der Außenmauern, besonders aber die Bänke mit ihrem wunderschönen Schnitzwerk und die Türen mit den einem Rosenstock nachempfundenen Metallverschlägen halten die Berliner Geschichte und das Patrozinium (Rosenkranzfest) sympathisch in Erinnerung.
Anfang der achtziger Jahre wurde die Kirche grundlegend renoviert und neu gestaltet. Der heimische Künstler Albert Bocklage entwarf eine ganz neue Konzeption des Altarraumes und der Verglasung. Steine, Bänke und Türen werden jedoch weiter in Ehren gehalten und geben der Kirche eine eigene Prägung.