Tätigkeit in Vechta

Bald danach wurde P. Titus seiner neusprachlichen Ausbildung entsprechend nach Vechta versetzt. Er sollte dort als Lehrer und Erzieher am Kolleg tätig sein. Aber es kam bald anders als geplant und erwartet. Der Konvent und die Provinz übertrugen ihm eine Fülle anderer Aufgaben, sodass P. Titus den Lehrerberuf auf die Dauer nicht gleichzeitig mit all diesen neuen Aufgaben bewältigen konnte. Es mag auch sein, dass er in den Augen seiner Mitbrüder und vor allem in den Augen des damaligen Schulleiters P. Laurentius Siemer als Lehrer zu weichherzig und den Schülern gegenüber zu großzügig war.

Im Internat wirkte er aber weiter Spiritual und Beichtvater der Schüler. Seine Vorträge, vor allem wohl der Stil und die Art seiner Vortragsweise lösten bei den Schülern nicht unbedingt Begeisterungsstürme aus, aber die Jungen spürten offenbar deutlich, wie sehr er in der Wahrheit des Glaubens, im Evangelium, lebte und aufging. Er war in den Augen der Schüler ein ganz und gar glaubwürdiger Zeuge der Frohen Botschaft. Auch als Beichtvater war er bei nicht wenigen Schülern beliebt.

Das Amt des Prokurators nahm für P. Titus ein Ende, als er 1927 zum Prior des Klosters in Vechta gewählt wurde. Für dieses Amt, das er gemäß den Ordensstatuten nur 6 Jahre innehaben konnte, war er wie geschaffen, und er hat es vorzüglich und segensreich verwaltet. Seine ruhige, überlegende, gütige Art, verbunden mit tiefer Frömmigkeit, vorbildlicher Pflichterfüllung und einer überaus vornehmen Weitherzigkeit machten ihn zu einem hervorragend geeigneten Oberen einer großen und in Bezug auf Bildung und Charakter vielfach so unterschiedlich gearteten Gemeinschaft von Patres und Laienbrüdern.

P. Titus war immer bemüht, ein harmonisches Zusammenleben in der Gemeinschaft zu fördern. Dabei war er aber keineswegs auf eine Harmonie um jeden Preis bedacht. Wenn es um gewichtige Fragen ging, hat er seinem Gewissen folgend mit Entschiedenheit die nach seiner Überzeugung richtige Ansicht vertreten. Persönliche Empfindsamkeit oder Rechthaberei lagen ihm dabei völlig fern; wichtig war ihm allein die Sache. Sofern er bei einer Meinungsverschiedenheit auf einen seiner Auffassung nach unberechtigten Widerstand stieß, konnte es, wenn auch selten, geschehen, dass plötzlich sein naturhaft-cholerisches Temperament zum Ausbruch kam. Sobald er jedoch zu der Einsicht kam, vielleicht doch zu weit gegangen zu sein, entschuldigte er sich in aller Form.

Für hilfreiche Hinweise und guten Rat war er immer aufgeschlossen und dankbar. Seine Sorge galt stets sowohl dem leiblichen als auch dem geistig-geistlichen Wohl der Mitbrüder.

Während dieser Zeit hat er das Amt eines Direktors des Albertus-Magnus-Verlags, der im Jahre 1923 im ehemaligen Konventsgebäude in der Stadt eingerichtet worden war, beibehalten. Die Gründung dieses Verlages ging entscheidend auf P. Titus zurück. Die Triebkraft seines Handelns war die Verkündigung der religiösen Wahrheiten. Er strebte damit die weitere Verbreitung der Ordenszeitschriften an, aber auch die Herausgabe anderer religiöser Bücher, Broschüren und Kalender.

Die Hauptlast der täglich anfallenden Arbeit im Verlag, in der Druckerei und im Versand trugen Dominikanerinnen der Ilanzer Kongregation. P. Titus hat es verstanden, mit den Schwestern stets in der rechten, Ordensfrauen angepassten Weise Umzugehen und mit ihnen gut zusammenzuarbeiten. Eine Schwester schreibt später in einem Bericht: "Das Andenken an Hochwürden P. Titus steht mir in jeder Hinsicht als Ideal vor Augen. Sein bloßes Erscheinen wirkte anspornend zur Tugend. In seinem Äußern war er stets bescheiden, demütig, gesammelt, liebevoll und gütig. Ging er durch den Betrieb, so kam er zu jeder Schwester. Er erkundigte sich nach der Arbeit und hatte stets ein liebevolles Wort zur Aufmunterung. Viel sprach er eigentlich nie, besonders vermied er unnötige Erzählungen. Seine wenigen lieben Worte munterten stets auf; froh und mit neuem Mut arbeitete man weiter ... Wie gering er alles Irdische schätzte, das konnte man oft an ihm beobachten. Als ich einmal einen ganz neuen Gegenstand beschädigte und ihm meine Schuld bekannte, sagte er freundlich: 'Da müssen wir es wieder in Ordnung bringen lassen'. Etwas erstaunt fragte ich ihn: 'Macht Sie das nicht traurig?'. Lächelnd gab er mir zur Antwort: 'Das ist doch keine Sünde'." Eine andere Schwester schreibt: "P. Titus war die Seele des Hauses. Trotz aller Herablassung und Liebenswürdigkeit und Herzlichkeit seinerseits herrschte stets ein vornehmer, taktvoller, feiner Ton."

P. Titus hatte neben seinem Amt als Verlagsdirektor seit 1927 auch noch das wichtige Amt des Generalprokurators für die Mission der Deutschen Dominikaner in China zu versehen. Da P. Titus als Verlagsdirektor schon mit den Schwestern zusammenzuarbeiten hatte und die Generaloberin von Ilanz bereit war, zusätzlich für die Missionsprokuratur Schwestern zur Verfügung zu stellen, lag es nahe, diese beiden Ämter in eine Hand zu geben. Die Vereinigung der beiden Ämter erwies sich auch deshalb als nützlich, weil die Interessen des Verlags und der Mission sich vielfach deckten. P. Titus war kein flinker Arbeiter, im Gegenteil. Er ging in allem sehr bedächtig und ruhig vor. Aber er hat die Mehrbelastung an Arbeit durch die Generalprokuratur gern übernommen.

Die Sorge und der Einsatz für die Mission waren ihm ein Herzensanliegen, und er ist dieser zusätzlichen Aufgabe in hervorragender Weise gerecht geworden. Er konnte damals aber noch nicht ahnen, dass gerade dieses Amt ihm einmal ein schweres Schicksal aufbürden würde.